Der intermittierende Selbstkatheterismus (ISK) kann Ihnen helfen, trotz MS mehr Lebensqualität zu haben

Nach vielen Jahren mit Blasenproblemen wurde bei Mark Webb Multiple Sklerose (MS) diagnostiziert. Lesen Sie, was er über die intermittierende Selbstkatheterisierung (ISK) denkt und wie sie ihm geholfen hat, sein Leben zu meistern und selbstständig zu werden.

Erfahren Sie, wie Mark seine Vorbehalte gegenüber dem ISK überwunden hat.

Mark Webb ist 53 Jahre alt und lebt als PR-Manager und Redner in Großbritannien. Er beschreibt sich selbst als begeisterten, aber mittelmäßigen Rollstuhl-Rugbyspieler, hingebungsvollen Ehemann und stolzen Vater von zwei Kindern. Außerdem ist er an Multipler Sklerose (MS) erkrankt. Mark sprach mit Hollister über seine Erfahrungen mit der intermittierenden Selbstkatheterisierung (ISK)  und über die Dinge, die er gerne schon zu Beginn seiner (er hasst dieses Wort) Reise gewusst hätte.

Ich wehrte mich gegen den Gedanken, einen Katheter zu verwenden. Aber als ich mich endlich dazu entschlossen hatte, war es gar kein Problem!
Wie die meisten Leute fand ich, dass Katheterisierung ziemlich unangenehm klingt. Obwohl ich schon vor meiner MS-Diagnose im Jahr 2007 mit Blasenfunktionsstörungen gelebt hatte – ich tat so, als hätte ich ein Getränk auf mich verschüttet, eilte zum Klo, setzte mich nach dem Missgeschick schnell wieder an meinen Schreibtisch und trug eine schwarze Hose – dauerte es ein paar Jahre und verschiedene nicht zielgerichtete Behandlungen, bis meine wunderbare MS-Krankenschwester mich an die örtliche Kontinenzklinik des National Health Service (NHS) verwies. Es bedurfte nur zwei Klinikbesuche und einen augenöffnenden Hausbesuch und schon hatte ich mir meinen eigenen intermittierenden Einmalkatheter eingeführt. Und nach dem vierten oder fünften Versuch bereitete es mir keine Schwierigkeiten mehr.

Vertrauen Sie der Wissenschaft und nehmen Sie Rat an
Wie es für Menschen mit MS typisch ist, verschlimmerten sich meine Blasenprobleme. Ich litt unter zunehmendem Harndrang, einem gewissen Verlust der Blasenkontrolle und unter häufigerem Bettnässen. MS-Medikamente führen oft zu tiefem Schlaf, was zusammen mit Blasenfunktionsstörungen bedeuten kann, dass man nass und kalt aufwacht.

In der Kontinenzklinik nahmen sie alle Arten von „Pipi“-Messungen vor, wie die Überprüfung meiner Urinflussraten und die Überwachung mit Ultraschall, wie viel Urin aus meiner Blase entleert wurde. Bei MS-Blasenproblemen geht es manchmal um Kontrollverlust und manchmal um Blasenstau. In meinem Fall blieben nach dem Urinieren etwa 150 ml Urin in meiner Blase, was eine Infektion viel wahrscheinlicher macht. Und wir alle wissen, dass Harnwegsinfektionen (HWI) nach Möglichkeit vermieden werden sollten. Die Katheterisierung sollte die Lösung für meine Probleme sein.

Als ich mich zum ersten Mal selbst katheterisierte
Nachdem ich einen Hausbesuch vereinbart hatte, las ich im Vorfeld alle Informationen über den ISK und machte mich in unserem eigenen Badezimmer fertig. Ich war mit Hygienetüchern und einem Spiegel bewaffnet – nicht wissend, dass eigentlich nur Frauen einen Spiegel brauchen, um die Öffnung ihrer Harnröhre zu finden, während die meisten Männer die Spitze ihres eigenen Penis sehen können. Es war ein wenig beunruhigend, die Kathetermuster zu betrachten, die ich erhalten hatte. Sie sahen aus wie unglaublich lange Schlangen. Wie genau sollte das funktionieren?

Dann kam die Urotherapeutin und erklärte mir den ISK-Prozess. Sie war großartig, das Handbuch war leicht verständlich geschrieben und alles ergab für mich Sinn. Irgendwie fand ich es jedoch psychologisch sehr schwierig, etwas in meinen Penis zu stecken. Obwohl es nicht schmerzhaft sein sollte, fühlte es sich so unnatürlich an, das zu tun. Und wieder sah der Katheter unglaublich lang aus. Kaum zu glauben, dass die Blase so weit weg ist! Ich setzte mich mit heruntergelassener Hose aufs Klo und atmete tief durch.

In der einen Hand hatte ich den Katheter, in der anderen meinen Penis, und ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich zu diesem Zeitpunkt ein wenig in Panik war. Ich nahm die Spitze des Katheters und versuchte, ihn in das winzige Loch einzuführen. Es war mir unbegreiflich, dass ich das wirklich tun würde. Ich war so überwältigt, dass ich dachte, ich würde ohnmächtig werden. Die Urotherapeutin erzählte mir später, dass sie mich beinahe gebeten hätte, aufzuhören. Aber nach und nach schob ich den Schlauch vorsichtig in meine Harnröhre, immer weiter und weiter, bis er plötzlich in meiner Blase ankam. Der Urin kam heraus und das Gefühl der Erleichterung – körperlich und geistig – war unglaublich. Einfach unglaublich. Und nachdem ich den Vorgang vier- oder fünfmal durchgeführt hatte, fühlte sich der ISK für mich völlig normal an.

Die Erleichterung ist enorm – wer braucht schon Sex, wenn man eine leere Blase haben kann?
Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie gut sich eine richtig entleerte Blase anfühlt. Ich mache jetzt Witze, aber es ist wahr!

So finden Sie den richtigen intermittierenden Einmalkatheter für sich
Es gibt verschiedene Arten von Einmalkathetern, daher würde ich sagen, dass es wichtig ist, einige auszuprobieren und zu sehen, was für Sie am besten funktioniert. Obwohl weltweit 2,8 Millionen Menschen unter MS leiden, sind alle unsere Symptome, Mobilitätsprobleme und Körper einzigartig – erkunden Sie also die verschiedenen Möglichkeiten und finden Sie den Katheter, der zu Ihnen und Ihrem Lebensstil passt.

Bei mir ist die Geschicklichkeit das größte Problem (eine Hand ist besser als die andere), so dass es darauf ankam, welcher Einmalkatheter am einfachsten zu öffnen und zu greifen ist. Manche Einmalkatheter haben unterschiedliche Spitzen, manche sind mit Gleitmittel versehen, manche sind starr, andere wiederum viel flexibler. Es gibt sogar kompaktere Versionen für Reisende. Ich habe mich recht schnell für den Einmalkatheter entschieden, der mir am besten passt und bin dabei geblieben. Er funktioniert einfach für mich. Jetzt trage ich alle meine ISK-Bedarfsartikel immer in einem Rucksack, einschließlich meiner Katheter, Tücher und Handdesinfektionsmittel. Solange ich ein großes, sauberes Klo finde, bin ich startklar.

Ich kann mir selbst keinen Kaffee kochen, aber ich kann alleine pinkeln
Da ich nicht sehr geschickt bin, versuche ich, kochende Flüssigkeiten zu vermeiden und lasse mir normalerweise von anderen Leuten heiße Getränke zubereiten. Aber der ISK gehört zu den Dingen, die ich problemlos selbst machen kann. Bis jetzt musste mich noch niemand katheterisieren, und das ist ein gutes Gefühl. Ich möchte akzeptieren, dass ich MS habe, damit leben und nicht ständig dagegen ankämpfen. Hilfsmittel wie intermittierende Einmalkatheter sind eine großartige Möglichkeit, ein Stück Unabhängigkeit zu bewahren. Sie sind schnell anwendbar, hygienisch und tragen dazu bei, mein Leben würdevoller und normaler zu gestalten.

Der ISK kann dazu beitragen, Ängste vor MS abzubauen – und Ihnen die Welt wieder zu öffnen
Ich weiß noch, wie schwer es in den ersten Monaten nach der MS-Diagnose war, wenn alles überwältigend ist und man nur an mögliche gesundheitliche Verschlechterungen und Rollstühle denken kann. An diesen Punkt kann "Dr. Google" Sie bringen, und jedes Gespräch, das Sie mit Ihrem Neurologen führen, dreht sich möglicherweise um Mobilität.

Aber warum sich überwiegend Gedanken darüber machen, wann Sie eines Tages auf einen Rollstuhl angewiesen sein könnten, wenn sich die Lösung Ihrer Blasenprobleme jeden Tag positiv auf Sie auswirken wird? Solange Sie Ihre Blasenprobleme nicht in den Griff bekommen, erscheinen sie Ihnen schrecklich und peinlich – und das macht Sie nur noch ängstlicher und Sie gehen nicht mehr aus dem Haus. Das Leben mit MS erfordert ständiges Planen und Vorausdenken. Aber wenn man sich auf Dinge wie den ISK einlässt, kann man sich einige dieser Ängste nehmen – und auch eine wunderbare körperliche Entlastung erfahren! Einmalkatheter können Ihnen eine Welt eröffnen, von der Sie dachten, dass sie sich langsam verschließt.

Was ich gerne früher getan hätte
Ich wünschte, ich hätte früher ärztlichen Rat eingeholt, als ich meine verschiedenen zufälligen Symptome bemerkte. Und ich wünschte, ich hätte mich mit meiner frühen Blasenfunktionsstörung auseinandergesetzt, anstatt sie einfach zu ignorieren. Ich erinnere mich, dass ich dachte: Ach, das ist eine Privatsache, über die niemand spricht. Das passiert wohl jedem, also werde ich nichts sagen und einfach mit den kleinen Missgeschicken leben. Ich hatte nicht einmal das Gefühl, eine Rechtfertigung für meine Inkontinenz zu haben – wie dies etwa eine Frau nach der Entbindung hätte – es war mir einfach nur peinlich. Später auf meiner MS-Reise wünschte ich, ich wäre früher von einem Stock auf eine Gehhilfe umgestiegen; das hätte viele Stürze verhindert. Ich wünschte auch, ich hätte früher von intermittierenden Einmalkathetern gewusst. Ich würde also sagen, lernen Sie aus meinen Erfahrungen und machen Sie sich das Leben leichter. Die Erleichterung, die man spürt, nachdem man sich erst einmal überwunden hat, ist unglaublich.

Mein bester Rat?
Sprechen Sie mit anderen Menschen mit MS und hören Sie auf die Experten! Der Austausch über bewährte Praktiken sind so wichtig. Es kommt einem leicht in den Sinn, weniger zu trinken, um weniger pinkeln zu müssen. Aber tun Sie das nicht – es ist lebenswichtig, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen, um gesund zu bleiben.

Aber vor allem sollten Sie in vollen Zügen leben. Es ist nicht vorbei... es mag anders sein, aber das Leben ist immer noch da, um gelebt zu werden. Wessen Leben verläuft schon nach Plan? Eine MS-Diagnose bedeutet nicht, dass man seine Ambitionen aufgeben muss. Man muss nur überdenken, wie man sie erreichen kann. Wer hätte gedacht, dass ich mit 53 noch einen Kontaktsport betreiben würde? Und dass ich ein so erfülltes Berufsleben habe? Sogar mit MS gibt es Bereiche in Ihrem Leben, die Sie selbst in die Hand nehmen können. Und der ISK kann Ihnen genau dabei helfen.


Möchten Sie mehr über Mark erfahren? Lesen Sie seinen Blog Ein Mann und seine Katheter, wo Sie viele Geschichten, Videos und inspirierende Interviews finden. Mark empfiehlt auch Shift.ms, das soziale Netzwerk, das von Menschen mit MS speziell für Menschen mit MS ins Leben gerufen wurde. Er ist derzeit Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei Shift.ms.

Mark erhielt eine Vergütung für seine Beiträge zu diesem Artikel.